Das Bezirksfeuerwehrkommando veröffentlicht hiermit den offenen Brief den unser Landesfeuerwehrkommandant KR Josef Buchta an den Vorsitzenden des österreichischen Staatsschuldenausschuss, Herrn Professor Felderer, geschrieben hat.
Im Zusammenhang mit den Aussagen von Prof. Felderer unterstützt das Bezirksfeuerwehrkommando Tulln voll und ganz die Ansichten des NÖ Landesfeuerwehrkommandanten!
Offener Brief
Sehr geehrter Hr. Prof. Felderer!
Mit Erstaunen, aber auch Ärger haben wir Ihre Stellungnahme in der ZIB 1 vom 17. November zur Kenntnis genommen. Auf die Frage des Reporters, wo Sie in den Ländern noch Einsparungspotenzial sehen, ließen Sie mit einer ungewöhnlichen Idee aufhorchen – sie brachten die freiwilligen Feuerwehren ins Spiel. Konkret kritisierten Sie in dem Interview, dass die Länder sogar Feuerwehrfeste und die Feuerwehren selbst fördern würden. Da bestünde, so Ihre Replik, sozusagen noch genügend Sparpotenzial.
Sehr geehrter Herr Professor Felderer! Von einem Vorsitzenden des Staatsschuldenausschusses und Leiter des Instituts für Höhere Studien hätte ich mir mehr Detailkenntnisse über die Finanzierung des freiwilligen Feuerwehrwesens erwartet. Haben Sie nicht gewusst, dass die öffentliche Hand (Länder, Gemeinden) gesetzlich verpflichtet ist, die 4850 Feuerwehren mit ihren 337.000 ehrenamtlichen Mitgliedern zu finanzieren? Wussten Sie weiters, dass die freiwilligen Feuerwehren trotz gesetzlicher Finanzierungsverpflichtung durch die öffentliche Hand bis zu 70 Prozent Eigenmittel (Spenden, Feste, etc.) aufbringen, um jene Einsatzgeräte beschaffen zu können, die die Feuerwehren dringend brauchen, um freiwillig Menschen in großer Not beizustehen? Erkennen Sie diesen Anachronismus?
Sind Sie darüber informiert, wie viel Geld wir als freiwillige Feuerwehren dem Staatshaushalt durch unser unentgeltliches Engagement ersparen? Ich darf aus aktuellem Anlass – sie kritisierten vor allem NÖ wegen der angeblich so hohen Pro-Kopf-Verschuldung – ein Beispiel aus diesem Bundesland zitieren. Die 1642 freiwilligen NÖ Feuerwehren haben im Vorjahr 8,3 Millionen Arbeitsstunden geleistet. Stellt man dem einen Stundenlohn von 20 Euro gegenüber, haben wir dem Steuerzahler 167 Millionen Euro erspart.
Haben Sie jetzt ein Gespür dafür bekommen, was diese bundesweit insgesamt 337.000 freiwilligen Feuerwehrmitglieder für Österreich leisten? Wenn ja, dann können Sie sich jetzt gut vorstellen, was Sie mit Ihrer Äußerung in der ZIB 1 angerichtet haben – und das im viel beschworenen Jahr der Freiwilligen. Als völligen Nonsens muss ich zudem Ihre Äußerung zurückweisen, dass die Länder auch Feuerwehrfeste finanzieren würden. Diese Feststellung ist derart absurd, dass ich darauf gar nicht replizieren möchte. Da wir als Feuerwehr nicht nach dem viel zitierten Florianiprinzip leben wollen, (so wie viele andere), liegt es uns auch fern, nach Einsparungspotenzialen bei anderen mit öffentlichen Geldern geförderten Organisationen und Vereinen (beispielsweise dem IHS) zu suchen.
Abschließend möchte ich mit Nachdruck darauf hinweisen, dass jede Attacke gegen das Freiwilligenwesen die Grundfeste unserer Demokratie erschüttert. Seien wir froh, dass es in diesem Land noch Menschen gibt, die das Wort Solidarität nicht nur aus dem Wörterbuch kennen, sondern sie Tag für Tag neu leben. Dies vor allem auch bei der freiwilligen Feuerwehr.
Sehr geehrter Herr Professor Felderer!
Ich hoffe, dass Ihre Aussagen im ZIB-Interview aus einer gewissen Stresssituation und nicht aus voller Überzeugung entstanden sind. Wenn doch, bin ich gerne bereit, Ihnen in einem persönlichen Gespräch das freiwillige Feuerwehrwesen näher zu bringen.
Mit freundlichen Grüßen
KR Josef Buchta